Brief aus Diyarbakır
aus: https://www.medico.de/brief-aus-diyarbakir-16371/
Wen erreicht ein Aufruf für den Frieden? Lohnt es sich für einen Professor, durch eine Erklärung gegen den Krieg Anstellung und Karriere zu verlieren? Gut 2000 AkademikerInnen in der Türkei sprachen sich unlängst gegen den Krieg im kurdischen Südosten des Landes aus, sie forderten ein Ende der Gewalt und eine Rückkehr zu politischen Verhandlungen.
Die Regierung hat mit Diffamierungen, Strafverfahren und Entlassungen geantwortet. Aber die Stimmen für den Frieden werden gehört. Nicht nur unzählige JournalistInnen, Filmschaffende und RechtsanswältInnen, ja, sogar Fussballfans haben sich mit öffentlichen Erklärungen solidarisiert, sondern auch gerade da, wo der Krieg tagtäglich stattfindet, wurden die Worte der Intellektuellen gehört. Etwa in den kurdischen Gebieten des Landes.
Dort wurden folgende Zeilen geschrieben, die ein renommierter Wissenschaftler und Unterzeichner des Friedensaufrufes von einer Jugendfreundin bekam. Die Verfasserin lebt in Diyarbakır, wo in dem Altstadtviertel Sur seit Wochen kein normales Leben mehr möglich ist, so wie in den kurdischen Städten Cizre und Silopi. In Sur herrscht offener Krieg. Niemand kommt hinein, Zehntausende sind bereits geflohen, es herrscht militärische Ausgangssperre. Tote, die nicht geborgen werden können, liegen in den engen Gassen.